Gehängt, geköpft, aufs Rad geflochten - Der Galgenhügel bei Teutschenthal
Der Galgenhügel bei Teutschenthal war über Jahrhunderte ein Schauplatz blutiger Hinrichtungen. Historisches Kartenmaterial sowie Aufzeichnungen und wenige Zeugnisse aus der Region erzählen uns bis heute von diesem dunklen Kapitel der deutschen Rechtsgeschichte.
Südlich der Teutschenthaler Ortslage findet sich auf historischen Landkarten der Flurname Galgenhügel (Abb. 1). Wie der Name bereits vermuten lässt, verweist er auf eine frühere Richtstätte an dieser Stelle. Mit 142,6 Metern markiert der Hügel den höchsten Punkt der Umgebung. Archäologische Funde belegen, dass diese exponierte Lage bereits in der Jungsteinzeit als Begräbnisstätte diente. Der im Zuge landwirtschaftlicher Nutzung im 20. Jahrhundert eingeebnete Grabhügel wurde spätestens in der Frühen Neuzeit als Hinrichtungsstätte genutzt.
Die Vollstreckung von Todesurteilen war im Mittelalter ein öffentlicher Akt. Das erklärt, warum Richtstätten meist auf weithin sichtbaren Anhöhen lagen, häufig in der Nähe viel begangener Landstraßen. So erfüllten sie nicht nur einen praktischen, sondern auch einen abschreckenden Zweck: Jedem Vorbeigehenden sollte eindrücklich vor Augen geführt werden, dass hier Recht und Ordnung herrschten.
Das Recht über „Hals und Hand“, also die Ausübung des sogenannten Hochgerichts (auch Blutgerichts), lag bei den jeweiligen Grundherren. Der Galgenhügel bei Teutschenthal befand sich im Herrschaftsbereich der Edlen von Trotha. Als Lehnsherren der Grafen von Mansfeld durften sie in den zur Grafschaft gehörenden Dörfern in Unterteutschenthal über Leben und Tod entscheiden. Das Adelsgeschlecht ist seit dem Spätmittelalter in der Region nachweisbar und bewohnte mit der Würdenburg einen repräsentativen Herrschaftssitz am Würdebach.
Den bislang ältesten Nachweis für die Richtstätte liefert die erste kursächsische Landesaufnahme von Matthias Öder und Balthasar Zimmermann aus den Jahren 1614/34. Das historische Kartenmaterial kennzeichnet die betreffende Stelle als „Gericht“ (Abb. 2) und zeigt eine skizzenhafte Darstellung (Abb. 3). Zu erkennen ist ein sogenannter zweischläfriger Galgen – eine Konstruktion aus zwei Pfosten, die durch einen Querbalken verbunden waren, an dem der Verurteilte aufgehängt wurde.
Doch nicht nur Todesurteile durch den Strang wurden hier vollstreckt. Der Chronist Johann Christoph von Dreyhaupt berichtet, dass zwei Straßenräuber am 19. Februar 1647 auf dem Galgenhügel enthauptet und anschließend „aufs Rad geflochten“ wurden, nachdem sie einen nicht näher genannten „Herrn von Trotha“ erschossen hatten.
Für grausamere Hinrichtungsmethoden wie das Verbrennen auf dem Scheiterhaufen oder das Rädern fehlen bislang zeitgenössische Berichte. Beim Rädern wurden dem Delinquenten Arme und Beine mit einem Wagenrad zertrümmert, bevor der – oftmals noch lebende – Körper auf das Rad geflochten wurde (Abb. 4). Eine intensivere Sichtung der Bestände in den Landesarchiven könnte künftig weitere Hinweise auf solche oder andere Vollstreckungen liefern – vielleicht sogar auf die Hintergründe und Namen einzelner Verurteilter.
Die Gehängten ließ man in der Regel hängen, bis sie in Einzelteilen herabfielen; die Geräderten verfaulten auf den Rädern, die man auf lange Stangen steckte. Die Köpfe der Enthaupteten wurden mitunter auf Pfähle genagelt, und die Überreste Gevierteilter zur Schau gestellt – Ausdruck der über den Tod hinauswirkenden Unehre, die Teil der Strafe war.
Heute erinnern nur noch wenige Flurnamen in der Region an dieses dunkle Kapitel der Rechtsgeschichte. Mit der Galgensäule bei Seeburg (Landkreis Mansfeld-Südharz) ist oberhalb des nördlichen Ufers des Süßen Sees ein seltenes authentisches Zeugnis der Frühen Neuzeit erhalten.
Möglicherweise deuten auch elf Gräber, die 2021 bei Bennstedt im Zuge archäologischer Voruntersuchungen auf der zukünftigen Trasse der A 143 entdeckt wurden, auf eine mittelalterliche oder frühneuzeitliche Hinrichtungsstätte hin. Dafür sprechen sowohl die unregelmäßige Anordnung als auch die geringe Tiefe der Bestattungen. Bei einigen der Toten lagen die Hand- und Fußgelenke eng beieinander, was auf Fesselungen schließen lässt; zudem zeigten manche Knochen Brüche – ein möglicher Hinweis auf das Rädern. Die Begräbnisstelle lag unweit eines Hügels vor den Toren des Ortes, nahe einer ehemaligen Straße.
Weitere archäologische und archivalische Forschungen könnten künftig auch hier Licht ins Dunkel bringen – und ein weiteres Stück der Rechts- und Alltagsgeschichte Mitteldeutschlands sichtbar machen.
Mike Leske
(Stand: 25. Oktober 2025)
Literatur
- Johann Christoph von Dreyhaupt, Pagus Neletici et Nudzici 1749/50, Neuauflage (Halle 2000).



