„Pack die Badehose ein…“ - Die Geschichte der Teutschenthaler Gemeindebäder
Die Abkühlung im kalten Nass war zu allen Zeiten ein großes Vergnügen für Jung und Alt. Jedes Jahr zieht es uns an heißen Sommertagen an die Gewässer der Umgebung. Die ersten öffentlichen Schwimmbäder entstanden bereits in der Antike. Die Römer entwickelten hieraus sogar eine regelrechte Badekultur und errichteten im gesamten Reich prachtvolle Hallenbäder - sog. Thermen, deren gewaltige Ruinen uns heute noch den Luxus jener Zeit erahnen lassen. Mit der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts wurde die Hygiene zunehmend wichtiger. Arbeiterbäder, öffentliche Waschanstalten und Volksbrausebäder boten nun jedermann die Gelegenheit zur körperlichen Reinigung. Daneben wurde das Baden zunehmend als Freizeitaktivität geschätzt. Vielerorts entstanden große Freibäder und Schwimmanstalten.
Gemeindebad Unterteutschenthal
Auf dem Land dienten in erster Linie die Dorfteiche vor allem den Kindern im Sommer zum Badevergnügen. Rund um Teutschenthal zog es die hiesige Bevölkerung regelmäßig in der warmen Jahreszeit an die gefluteten Restlöcher der ehemaligen Braunkohletagebaue. Das Schwimmen in den ungesicherten Gruben barg jedoch ein hohes Risiko für Leib und Leben. Schon am Anfang des letzten Jahrhunderts bemühte man sich daher um die Errichtung eines offiziellen Schwimmbades im Ort. Mit einer mehrseitigen Denkschrift, verfasst vom Gemeindesekretär Böttge, dem Lehrer Glaser sowie dem Doktor Frey, wandte sich der Gemeindevorstand zusammen mit der Baukommission an die Bevölkerung. Spätestens infolge eines tragischen Badeunfalls am „Musikantenteich“ in Teutschenthal-Bahnhof von der Notwenigkeit überzeugt, beschloss die Gemeindevertretung von Unterteutschenthal am 10. September 1924 einstimmig den Bau einer modernen Badeanstalt. Als Standort wurde die „Backhauswiese" an der heutigen Maerkerstraße ausgewählt (Abb. 1). Nach fast zweijähriger Vorarbeit, bei der u.a. der ursprünglich quer über die Fläche verlaufende Würdebach an deren südlichen Rand verlagert werden musste, konnte die Bauaufsicht sowie die Anfertigung der Entwürfe an das Tiefbauamt des Mansfelder Seekreises übertragen werden. Die Bauarbeiten verzögerten sich in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten immer wieder. Erst 1930 konnte das neue Gemeindebad feierlich eingeweiht werden. Zusammen mit der neuen Pestalozzischule und einem direkt angrenzenden Sportplatz war ein fortschrittliches Sport-, Bildungs- und Freizeitzentrum mitten im Ort entstanden, welches seinerzeit als Musterbeispiel für kommunales Wirtschaften stand (Abb. 2).
Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erfreute sich die moderne Badeanstalt großer Beliebtheit (Abb. 3 bis 5). In den Kriegsjahren verkam die Anlage allerdings mehr und mehr. Erst die einmarschierten US-Soldaten, welche regelmäßig auf dem Sportplatz exerzierten, setzten die marode Anlage wieder in Stand.
Doch mangelnde Instandhaltung - nicht zuletzt bedingt durch die Materialknappheit während der Nachkriegszeit - führte zur erneuten Verwahrlosung. Aufgrund bestehender Einsturzgefahr erfolgte Mitte der 1950er Jahre die endgültige Schließung der Schwimmstätte. Die hölzernen Bauten wurden abgerissen; der Rest verrottete im Wasser. Heute erinnert nur noch ein kleiner Tümpel an die einstige Badeanstalt. Noch heute finden sich dort letzte Spuren der alten Stege und Geländer (Abb. 6).
Pappelgrund/Pappel-Beach - Von der Braunkohlengrube zum modernen Strandbad
Die Geschichte des heutigen Naherholungsgebiets Pappelgrund/Pappel-Beach spiegelt einen Teil der industriellen und bergbaulichen Entwicklung in unserer Region wider. Die Ursprünge reichen bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück, als man begann, die reichen Braunkohlevorkommen zwischen Eisdorf und Zscherben abzubauen – sowohl oberirdisch als auch im Tagebau (Abb. 7). Dabei entstanden mehrere große Gruben, die das Landschaftsbild nachhaltig veränderten.
Bereits im Jahr 1837 wurde die Genehmigung zum Abbau von Braunkohle südlich der Grube Henriette beantragt, die heute eher als „Schachtteich“ oder „Langes Handtuch“ bekannt ist. Zwei Jahre später nahm der Betrieb unter dem Namen „Grube Friedrich Wilhelm“ seinen Anfang. Der Name setzt sich aus den Vornamen der beiden Grubenbesitzer Friedrich Pressler und Wilhelm Finger zusammen. Der Abbau erfolgte sowohl im Tagebau als auch im Schacht.
1909 kaufte der Agrarunternehmer Carl Wentzel das Bergwerk und vereinte es mit der benachbarten Grube Henriette. 1912 förderte die 78 Mitarbeiter umfassende Belegschaft „Friedrich Wilhelm“ beeindruckende 214.960 Tonnen Kohle – ein Beweis für die Bedeutung der Braunkohle und die Leistungsfähigkeit der Grube in dieser Zeit.
Mit der Erschöpfung der Vorkommen endete die Ära des Braunkohleabbaus am Pappelgrund schließlich am 29. März 1930.
In der stillgelegten Grube hatte sich durch den Anstieg des Grundwasserspiegels in der Folge allmählich ein kleiner See gebildet. Dieser wurde für landwirtschaftliche Zwecke genutzt, etwa für die Fischzucht oder die Geflügelhaltung. Ab den 1960er Jahren war am südlichen Ufer eine Pumpstation entstanden, um die umliegenden Obstplantagen zu bewässern. Da nach dem Abriss des alten Gemeindebades unter den Teutschenthalern wieder der Wunsch nach einer geeigneten Stätte für den Schwimmsport erwachsen war, begannen auf Initiative des Sportlehrers Herbert Kloß aus Eisdorf ab 1967 am Nordufer der ehemaligen Braunkohlengrube die Bauarbeiten für eines neues Freibad.
Das Naturbad, das heute über eine Wasserfläche von knapp 7,5 ha und eine maximale Tiefe von 8 Metern verfügt, wurde im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks (NAW) der DDR errichtet. Viele Jugendliche und Sportler unter der freiwilligen Mithilfe zahlreicher Bürger und Betriebe beteiligten sich an den Arbeiten. Gemeinsam wurde eine Freizeit- und Campinganlage geschaffen, die neben einem großen Steg und einem Wachturm für die Wasseraufsicht, verschiedene Bauten für die Versorgung der Besucher sowie sanitäre Anlagen umfasste (Abb. 8 und 9). Die Sedimente für den großzügigen Sandstrand kamen aus der gegenüberliegenden ehemaligen Braunkohlengrube „Henriette“. Über 600 Tonnen Sand wurden zudem aus Spergau bei Merseburg geliefert. Zur Naherholung ließ die VEB Pumpenwerke und Starkstromanlagenbau Halle zwanzig Bungalows bauen.
Das neue Strandbad öffnete im Sommer 1968 seine Pforten und lockte nicht nur die Teutschenthaler an. Von Anfang an war es auch ein Anziehungspunkt für „Wasserratten“ aus Halle, dem Saalekreis sowie dem Mansfelder Land (Abb. 10 und 11). Seine Namen bezog die Anlage übrigens aufgrund der vielen umher stehenden Pappelbäume. Generationen von Schülern aus den umliegenden Orten erlernten hier während der Sommerferien das Schwimmen und erwarben die zugehörigen Abzeichen.
Neben dem Badevergnügen war der Pappelgrund schon immer für seine ausgezeichnete Wasserqualität bekannt. Durch den darin begründeten reichen Fischbestand, bestehend aus Karpfen, Hechten, Aalen, Schleien, Zandern etc. galt der See seit jeher als ein „Eldorado“ für Angler.
Das idyllische Bild wandelte sich am 11. September 1996 als ein Gebirgsschlag mit einer Stärke von 5,6 auf der Richterskala die Region erschütterte. Der gesamte Südhang rutschte dabei in den See und bildete einen gespenstig wirkenden und aber zugleich faszinierenden Unterwasserwald, der heute unter Tauchern sehr beliebt ist.
Ab den 1990er-Jahren traten zunehmend Probleme mit dem Wasserspiegel zu Tage: Der Pappelgrund verfügt über keinen natürlichen Ablauf. Während die Pumpstation am Südufer zu DDR-Zeiten den Wasserstand im See relativ konstant hielt, stieg dieser nach Einstellung des Obstanbaus und der Abstellung der Anlage stetig an. Auch die Beendigung des Bergbaus in der Region verbunden mit der Rekultivierung des Braunkohlentagebaus Mücheln im Geiseltal führten seit etwa 2004 zu einem stetigen Anstieg des Grundwasserspiegels. Dies hatte die Überflutung weiter Teile des Sandstrandes einschließlich des Wachturms zur Folge. Durch andere Faktoren begünstigt, stagnierte der Anstieg des Wasserspiegels und ist mittler in den letzten Jahren wieder deutlich zurückgegangen.
Nach dem Ende der DDR geriet die Frage der Trägerschaft des Freibades zunehmend in den Fokus. Bis dahin zeichnete sich die Gemeinde Teutschenthal verantwortlich für den Betrieb. Doch in Folge steigender Kosten und vor dem Hintergrund einer sich stetig verschlechternden Haushaltslage konnte die jährliche Bezuschussung des Bades nicht mehr gewährleistet werden. Die Ausschreibung an einen privaten Pächter sollte die wirtschaftliche Lage entspannen und zugleich den Badebetrieb sichern. Bis 2013 konnte dieses Ansinnen durch einen langjährigen Pachtvertrag aufrechterhalten werden. Nach einem Pächterwechsel häuften sich jedoch die Probleme: Immer unregelmäßigeren Öffnungszeiten folgte eine knapp 4-jährige Schließung des Pappelgrundes, die in der Verwahrlosung, Vandalismus und Vermüllung des Areals mündete. In einem über zwei Jahre andauernden Gerichtsverfahren erstritt die Gemeinde Teutschenthal die Rechtmäßigkeit einer zuvor ausgesprochenen Kündigung und setzte die Herausgabe des Pappelgrunds von der Bäder- und Eventmanagement GmbH letztlich gerichtlich durch.
Am Anfang der jüngsten Geschichte des Pappelgrundes steht eine erneute Ausschreibung, bei der im Herbst 2023 zwei Pächter gefunden werden konnten, die das ca. 4 Hektar große Gelände komplett neugestalteten. Tonnenweise Sand wurde aufgeschüttet. Die alten Gebäude mussten abgerissen und tote Bäume gefällt werden. Nur die Bungalows blieben bestehen und sollen für Besucher und Camper in Stand gesetzt werden. Mit Hilfe von Seecontainer wurde ein zeitgemäßes Aussehen geschaffen. Aber auch der Rückblick auf die Historie der Anlage findet Beachtung: Der alte Bademeisterturm wurde saniert und blieb als Wahrzeichen des Bades erhalten.
Unter dem Namen "Pappel-Beach - Naturbad und Strandbar" fand am 31. Mai 2025 die Wiedereröffnung des modernisierten Freizeitbades statt (Abb. 12). Neben einer Badesaison von Mai und September sorgen verschiedene Veranstaltungen und Events, sowie ein Restaurantbetrieb für eine ganzjährige Belebung der Einrichtung.
Mike Leske
(Stand: 17. Juli 2025)
Literatur:
- Margarete Gerlach: Teutschenthal in alten Ansichten, Zaltbommel 1997.
- Margarete und Helmut Gerlach: Teutschenthal in alten Ansichten, Band 2, Zaltbommel 2000.
- Mike Leske: Schöne Grüße - Ansichtskarten und Lithografien aus Eisdorf, Teutschenthal und Teutschenthal-Bahnhof, Halle 2016.
- Eckhard Oelke: Der frühe Braunkohlenbergbau im Umkreis der Mansfelder Seen, Langenbogen 2017.







