Gemeinde Teutschenthal

Die SG Eisdorf 1918 e. V. - ein Verein mit über 100-jähriger Tradition

Im Jahr 2018 feierte die Sportgemeinschaft Eisdorf 1918 e. V. ihr 100-jähriges Bestehen. Alles begann mit „König Fußball“ und zwar zu einer Zeit in der die Menschen hierzulande eigentlich andere Sorgen hatten, als dem runden Leder nachzujagen. In Europa tobte noch der Erste Weltkrieg und der Großteil der jungen Männer kämpfte an den Fronten in Frankreich und Russland. Einer der Kriegsteilnehmer war der ältere Bruder des Eisdorfers Max Rauchfuß (Abb. 1). Dieser hatte bereits Erfahrungen mit dem Fußballsport und ging seiner Leidenschaft bis zu seiner Einberufung bei einem halleschen Verein nach. Die im elterlichen Haus zurückgebliebene Sportausrüstung nutze nun der jüngere Bruder Max. Von ihm aus übertrug sich die Begeisterung für den hier im ländlichen Raum noch recht unpopulären und mit Vorurteilen belastetsten Mannschaftssport auf alle Jungen in Eisdorf. Ebenfalls von der ausgebrochenen Fußball-Euphorie ergriffen, war der damalige Dorfschullehrer Taube. Um den Schülern eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung aufzuzeigen, vermittelte er im Unterricht die Inhalte des Ballspiels und trieb damit die Entwicklung dieser Form der Leibesertüchtigung in Eisdorf voran. Der Umgang mit dem neuen Spielgerät unterschied sich dabei freilich noch kaum von einem planlosen Herumtollen und Gekicke. Ein Regelwerk oder gar einen Schiedsrichter gab es noch nicht. Max Rauchfuß war der einzige, der mit den Normen des Ballsports vertraut war. Nach und nach machte er die Mitspieler mit den Regeln bekannt und so entstand aus einem wilden Haufen allmählich eine feste Gemeinschaft, der es nun galt, verbindliche Strukturen zu geben. Am 17. Juni 1918 war es dann soweit. Unter dem Namen „Eisdorfer Fußballclub 1918“ (EFC 1918), anfänglich noch mit dem Zusatz „Germania“, gründete sich im Gasthof „Deutsches Haus“ (heute „Waldbühne“) der neue Sportverein (Abb. 2). Damit war in Eisdorf einer der ersten Fußballclubs der Region im ländlichen Raum entstanden.

Anfänglich musste man sich noch mit provisorischen Spielflächen, wie der „Pflaumenkabel“ an der Feuerwehr in Eisdorf begnügen. Hier trug man mit den noch in der Bildung befindlichen Nachbarvereinen aus Bennstedt, Teutschenthal und Zscherben erste Wettkämpfe aus. Erst in den 1920er Jahren bekam man durch Tausch von Ackerflächen mit der Gemeinde Bennstedt den bis heute genutzten Sportplatz hinter dem Bahndamm.

Bis zu Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wuchsen neben den Mitgliederzahlten auch die sportlichen Erfolge an. Nach der Aufnahme in den Verband Mitteldeutscher Ballspielvereine (VmBV) spielte man bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in der 2. Kreisklasse des Mansfelder Seekreises. 1938 hatte sich das Eisdorfer Team zudem bei der Teilnahme an den Pokalspielen erfolgreich bis in die letzten Runden durchgekämpft und besiegte dort auch höherklassige hallesche Vereine. Die beachtenswerten Erfolge hatten dem Fußballclub aus Eisdorf nicht nur großen Respekt, sondern auch den Beinamen „Ligaschreck“ eingebracht.

In den Nachkriegsjahren benötigte der Fußballsport einige Zeit, um sich wieder neu zu organisieren. Viele Spieler und Vereinsangehörige waren gefallen oder befanden sich noch immer in der Gefangenschaft. Die deutsch-deutsche Teilung veranlasste so manchen Sportfreund dazu, die Heimat in Richtung „Westen“ zu verlassen. Die Verbliebenen mussten praktisch wieder von vorn anfangen. Da der Eisdorfer Fußballklub - wie alle bürgerlichen Vereine in der Ostzone -1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht aufgelöst worden war, erfolgte eine Neugründung als SG (Sportgemeinschaft) Eisdorf. Im Gegensatz zu den meisten im Land wurde diese Gründung nicht als Betriebssportverein umgesetzt. Es gab somit keine Förderung eines zugehörigen Trägerbetriebs. Sämtliche Zuwendungen und Leistungen wurden allein von den Vereinsmitgliedern erbracht. Trotz der schwierigen Umstände stellten sich recht bald die ersten sportlichen Erfolge wieder ein. Nachdem man Otto Knefler als Trainer der ersten Herrenmannschaft gewinnen konnte, errang das Eisdorfer Team 1949 mit der Kreismeisterschaft den ersten großen Titel der Vereinsgeschichte. Knefler war zu dieser Zeit bereits ein erfolgreicher Spieler bei Turbine Halle, einem der damals besten Mannschaften im DDR-Fußball. Nach dem Gewinn der DDR-Meisterschaft mit Turbine Halle 1952 wechselte er zu Werder Bremen. In den 1960er und 70er Jahren wurde Knefler ein erfolgreicher Bundesligatrainer und betreute die Vereine 1. FC Kaiserslautern, Eintracht Braunschweig, Borussia Dortmund, MSV Duisburg und Eintracht Frankfurt.

Trotz Trainerverlust konnte die SG Eisdorf in den Jahren 1952 und 1960 zwei weitere Kreismeistertitel erkämpfen. Hinzukamen bis 1970 insgesamt 5 Triumphe im FDGB-Pokal des Saalkreises. In den anschließenden Pokalspielen auf Bezirksebene konnten zum Teil höherklassige Teams bezwungen und somit beachtliche Erfolge gefeiert werden.

Die Eingemeindung der bis dahin selbstständigen Gemeinde Eisdorf nach Teutschenthal im Jahr 1950 gilt als die „Geburtsstunde“ der jahrzehntelangen, berüchtigten Lokalderbys zwischen der Eisdorfer Elf und den Teutschenthaler Clubs „Traktor“ und „Aktivist“. Nicht nur, dass die Eisdorfer seither von den Teutschenthalern als „Partisanen“ bezeichnet werden, der Verein musste von nun an für lange Zeit unter dem Namen „SG Teutschenthal-Ost“ antreten. Besonders in den 1950er und -60er Jahren fanden sich bei den Derbys zwischen 2000 und 3000 Zuschauer auf dem Fußballplatz am Bahndamm in Eisdorf (Abb. 3), dem „Alten Sportplatz“ in Unterteutschenthal oder dem Sportgelände am Kaliwerk in Bahnhof Teutschenthal ein. Bei den hitzigen Duellen - insbesondere mit den „Traktoristen“ - blieb es nicht immer beim „Fair Play“. Selbst unter den Zuschauer kam es damals zu so manch Handgreiflichkeit. Bis an die Ortsgrenzen „jagten“ sich die Fußballanhänger beider Vereine. Dabei sollen sogar Holzlatten aus den Zäunen gerissen und zur Bekräftigung der gegenseitigen Abneigung zweckentfremdet worden sein. Ähnliche tumultartige Szenen ereigneten sich wohl auch bei den Spielen gegen die damals ebenfalls unbeliebten Sportfreunde aus Zscherben.

Ab Mitte der 1970er Jahre wurden die Leistungen der ersten Eisdorfer Herrenmannschaft immer mäßiger und die Erfolge spärlicher. Die sportliche Talfahrt führte 1981 zum ersten Abstieg in der Clubhistorie. Nach kleineren Höhen folgten immer wieder tiefe Abstürze. Der absolute Tiefpunkt wurde in der Saison 2005/2006 mit dem Abstieg der in die 2. Kreisklasse erreicht. Danach begann eine nie für möglich gehaltene Erfolgsgeschichte. Durch verschiedene Faktoren begünstigt, fand sich plötzlich in Eisdorf ein Team zusammen, das mehr und mehr zu einer echten Aufstiegsmannschaft avancierte. Ab 2010 marschierte die Elf innerhalb von sechs Jahren von der 1. Kreisklasse bis in die Landesklasse durch. Bereits 2013 konnte nach 53 Jahren endlich wieder ein Kreismeistertitel nach Eisdorf geholt werden. In ihrer Premierensaison in der Landesklasse im Jahr 2015 eroberten die Eisdorfer am Saisonende sogar Tabellenplatz drei. Den größten Erfolg in der Vereinsgeschichte stellt neben dem Aufstieg in die Landesklasse der Gewinn des Supercups 2015 dar. Als frisch gebackener Kreisoberliga-Meister bezwangen die Eisdorfer Fußballer in Tollwitz den damals höherklassigen Gewinner des Kreispokals, den FSV Bennstedt, sensationell mit 3:2.

Die SG Eisdorf 1918 e.V. ist heute ein vielseitiger Sportverein und Mitglied des Landessportbundes Sachsen-Anhalt e.V. sowie seiner Verbände. Neben dem Fußball bietet der Verein seit 1968 eine Gymnastik-Gruppe an. Im Jahr 1981 kam eine Abteilung Tischtennis hinzu, welche seither ebenfalls mit beachtlichen Leistungen und Erfolgen zur Popularität der Sportgemeinschaft beigetragen hat.

Die Gruppen „Fit for Fun“ (seit 2000), die „Gymnastik-Knirpse“ (seit 2003) die Abteilung „Nordic Walking“ (seit 2005) und die Abteilung „Tanzspaß“ (seit 2015) erweiterten das Aktivprogramm des Vereins. In Kooperation mit dem Kreissportbund Saalekreis wurde 2017 die Sportgruppe „Minikids“ ins Leben gerufen. Der „Senioren Kreativtreff“ rundet das Gesamtangebot ab. Nicht zuletzt dank dieser Breite zählt die SG Eisdorf zu den größten Vereinen der Region.

Seit jeher bildet ein Sportfest im Juni den Höhepunkt einer jeden Saison. Seit 2007 veranstaltet die Sportgemeinschaft zudem ein Familienfest. Die Ausrichtung des Kindergarten-Cups, die Talentförderung im Tischtennis und die Familienwandertage waren dem Landessportbund Sachsen-Anhalt am 14. Juni 2015 Grund genug, der SG Eisdorf das Gütesiegel "Familienfreundlicher Sportverein" zu verleihen.

Um mit Ansprüchen der Gegenwart Schritt halten zu können, wird auch abseits der sportlichen Betätigung die Entwicklung hin zu einem modernen Sportverein sukzessive vorangetrieben. Neben baulichen Maßnahmen, einer vorbildlichen Jugendarbeit sowie der ständigen Förderung aller Abteilungen zeigt sich auch anhand der Außendarstellung, dass die Führung der SG Eisdorf die Zeichen der Zeit erkannt hat. Im Zeitalter sozialer Netzwerke ist man längst mit einer eigenen Homepage sowie mit einem Facebook-Auftritt im „World Wide Web“ vertreten.

Die aktuell gestiegenen Mitgliederzahlen bestätigen die emsige und vorausschauende Arbeit der Vereinsführung und zeigen, dass sich die Sportgemeinschaft Eisdorf auf einem guten Weg in eine weiterhin erfolgreiche Zukunft befindet.

Mike Leske M.A.

(Stand: 17. Oktober 2023)

Literatur:

  • Mike Leske, Klaus Dietrich, Benno Enkhardt, Margita Frauendorf: 100 Jahre Sportgemeinschaft Eisdorf e. V. (Teutschenthal 2018).
ABB1MA~1
Abb. 1: Max Rauchfuß (links) zusammen mit einem weiteren Spieler des Eisdorfer Fußballclubs. Auf den Trikots ist noch deutlich das ursprüngliche Vereinsemblem mit der Aufschrift %u201EE.F.C. 1918%u201C zu erkennen. Quelle aus Privatbesitz
Abb. 2 Das erste Mannschaftsfoto des FC Eisdorf vom August 1918. Quelle aus Privatbesitz
Abb. 2: Das erste Mannschaftsfoto des FC Eisdorf vom August 1918. Quelle aus Privatbesitz
ABB3DI~1
Abb. 3: Die Lokalderbys zwischen der SG Eisdorf und Traktor Teutschenthal zogen in den 1950er und 60er Jahren 2000 bis 3000 Fußballfreunde an. Der Bahndamm am Sportplatz diente dabei als Zuschauertribüne. Quelle aus Privatbesitz